„Das Ziel der Bundesregierung die Tierhaltung in Deutschland zu mehr Tierwohl nach dem Borchertpapier umzubauen, wirft bei den Betroffenen viele Fragen auf. Die Mitglieder des Agrar- und Ernährungsforums Oldenburger Münsterland (AEF) stehen den Vorschlägen grundsätzlich positiv gegenüber, sehen aber eine Vielzahl von Hürden und Fallstricken“. Dies erklärte der Vorsitzende des AEF Uwe Bartels. Werde mit dem Maßnahmenpaket gegen EU-Richtlinien verstoßen? Deckt die anvisierte Tierwohlprämie die Kosten für den Umbau? Greifen die Verbraucher schlussendlich wirklich zu den höherpreisigen, heimischen Tierwohlprodukten und wie können die Bauanträge im Bau- und Immissionsschutzrecht für Umbauten schnell und unkompliziert genehmigt werden? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Arbeitsgruppe „Zukunft der Nutztierhaltung“ vom AEF.
Das Borchert-Papier ist zunächst als ein grober Entwurf verfasst und liefert im Detail noch wenige konkrete Informationen. Daher wurde in dem ersten Zusammentreffen der Facharbeitsgruppe der aktuelle Stand zu den Tierwohlkriterien und dem Genehmigungsrecht von den Experten des AEF zusammengetragen. Diskutiert wurde mit Frau Dr. Kemmerling vom BMEL, die das Borchert-Kompetenznetzwerk in Berlin koordiniert und leitet. Auch Vertreter der Bauämter der Landkreise Cloppenburg und Vechta waren der Einladung gefolgt, um sich über den aktuellen Stand auszutauschen und über ihre Erfahrungen aus der Genehmigungspraxis zu berichten.
Bei den Tierwohlkriterien sind die Anforderungen hinsichtlich Besatzdichten in der Schweinehaltung und Geflügelhaltung weitgehend in Zahlen gefasst und stehen kurz vor der Abstimmung. Allerdings wird der hohe Einstieg in die Stufe 1 seitens der AEF-Mitglieder als kritisch gesehen. Eine Kompensation der Landwirte muss auf Basis der Tierschutznutztierhaltungsverordnung erfolgen und nicht auf Basis der höheren Anforderungen der Initiative Tierwohl (ITW). Gegen die ambitionierte Herangehensweise bei den Stufen 2 und 3 gab es keine Einwände. Die Stufen müssen in einem weiteren Schritt auf die gesamte Erzeugungskette von Sauenhaltung/Elterntieren erweitert und passend zusammengefügt werden. Dies steht bei einigen Tierarten noch aus, da die Nutztierhaltungsvorordnungen, beispielsweise in der Putenhaltung, erst noch erarbeitet werden müssen oder in der Sauenhaltung die Durchführungshinweise zu der gerade verabschiedeten Nutztierhaltungsverordnung noch fehlen. Hier muss die Gesetzgebung Grundlagen für die weitere Definition der Tierwohlstufen, so Dr. Ralf Kosch, Leiter der AEF-Arbeitsgruppe, liefern.
Erschwerend komme hinzu, dass die zu erarbeitenden Tierwohlstufen idealerweise auf EU Ebene abgestimmt werden müssen um eine (Teil-) Förderung aus EU Mitteln zu ermöglichen. Die Tierhalter haben bisher die Einführung eines verpflichtenden Tierwohllabels gefordert und die Freiwilligkeit abgelehnt. Diese Forderung stoße – ausweislich eines Gutachtens – auf das Problem, dass eine EU-Förderung nur bei freiwilligen Verfahren rechtlich durchsetzbar zu sein scheint.
Als größtes Nadelöhr erweisen sich das Bau- und Immissionsschutzrecht. Der Umbau der Ställe auf Stufe 2 und 3 erfordert Zugang zu Außenklimabereichen. Ein solcher Umbau bedarf in der Schweinehaltung den baulichen Umbau auf Großgruppen und Außenklimabereiche. Gebäude müssen dazu entkernt und Dächer angeschleppt werden. Die Kosten und der Gesamtaufwand müssen ermittelt werden. Auch Ersatzbauten müssen alternativ gebaut werden, ggf. auch Ergänzungsbauten, um die Tierplatzzahl nicht zu stark zu reduzieren, denn am Ende muss das Betriebseinkommen der Betriebe gehalten werden können.
Um den gewünschten Umbau der Tierbestände den Weg zu ebnen, muss vom Gesetzgeber das Bauerecht und Immissionsschutzgesetz dringend angefasst werden. Als problematisch wurde die 2GV/ha-Grenze für die Förderprogramme angesehen.
Um die Schwierigkeiten beim Immissionsschutz zu lösen wurde aus dem Interministeriellen Arbeitskreis (IMAK) Niedersachsen sowie aus der AG Bauen des Borchert-Kompetenznetzwerkes ein Vorschlag zur Erweiterung der Verbesserungsgenehmigung im Bundesimmissionsschutzgesetz erarbeitet. Zusätzlich sollen auch Umbauten, die der Verbesserung des Tierwohls dienen, ohne neue Immissionsschutzprüfung möglich sein, wenn die Emissionen am Standort nachweislich nicht erhöht werden. Für die Genehmigungsbehörden ist dazu auch die exakte Definition was unter dem Begriff Tierwohlverbesserung zu verstehen ist notwendig.
Das AEF möchte in Ergänzung zur Machbarkeitsstudie und zur Folgenabschätzung des Bundes, die nun alsbald ausgeschrieben werden soll, eine regionale Folgenabschätzung für die Region Nordwest Niedersachsen erstellen.