Der Genossenschaftsverband Weser-Ems und das Agrar- und Ernährungsforum Nordwest kritisierten auf ihrem Parlamentarischen Abend, dass eine unaufhörlich steigende Zahl von Gesetzen und Verordnung, Doppelabfragen von Ämtern sowie langsame Verwaltungsprozesse Investitionen und Wachstum behindern. Wirtschaftsminister Olaf Lies versprach, das Bund und Land den Bürokratieabbau in den kommenden Jahren konsequent vorantreiben werden.
Hannover / Oldenburg / Vechta – Die überbordende Bürokratie ist eine entscheidende Wachstumsbremse Deutschland. „Seit Jahren hören wir von der Politik, dass sie den Bürokratieabbau vorantreiben will. Seit Jahren erleben wir aber das Gegenteil“, kritisierte Verbandsdirektor Johannes Freundlieb auf dem Parlamentarischen Abend des Genossenschaftsverbandes Weser-Ems (GVWE), zu dem dieser zusammen mit dem Agrar- und Ernährungsforum Nordwest (aef) eingeladen hatte. Vor rund 100 Zuhörern aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft im Neuen Rathaus in Hannover betonte er am Donnerstagabend, dass „immer mehr Gesetze, Verordnungen und Formulare“ die mittelständische Agrar- und Ernährungswirtschaft erheblich beeinträchtigten.
Dies verhindere Investitionen und erschwere die dringend notwendig Transformation der Wirtschaft. Insbesondere verhinderten in Niedersachsen komplizierte und lange Genehmigungsverfahren aktuell den Bau von Ställen und damit den Umbau zu mehr Tierwohl in der Landwirtschaft. Laut einer aktuellen Studie des ifo-Instituts kostet die überbordende Bürokratie jährlich 146 Milliarden Euro an Wertschöpfung. „Umgerechnet auf Weser-Ems sind das 4,3 Milliarden Euro, die der Region an Wirtschaftskraft und Wohlstand verlorengehen“, so Freundlieb.
Gleichzeitig bedeute Bürokratieabbau, mehr Vertrauen in die Bürger und die Wirtschaft zu haben. Das sei auch wichtig, um den Glauben in die Demokratie zu stärken. Bürokratie sei sicherlich nötig. „Davon aber weniger und mit mehr Augenmaß“, sagte er in Richtung des Niedersächsischen Ministers für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung Olaf Lies und legte eine straffe Agenda mit wesentlichen Punkten zum Bürokratieabbau vor. Bürokratie sollte unterstützten, jedoch lähme sie.
Der Wirtschaftsminister sagte, dass der Bund die Bürokratiekosten in der kommenden Legislaturperiode um 25 Prozent abbauen wolle. Dies sei in den jüngsten Koalitionsgesprächen in Berlin vereinbart worden. „Deutschland muss schneller und einfacher werden“, gestand Lies. Auch das Land Niedersachsen sehe sich in der Pflicht, alles auf den Prüfstand zu stellen, um unnötige Doppelbelastungen für die Wirtschaft abzubauen und Bürokratie gar nicht erst entstehen zu lassen. Das erfordere aber auch in Politik und Verwaltung ein Umdenken, gestand der Wirtschaftsminister: „Der Staat darf nicht mehr alles bis ins letzte Detail regeln wollen.“ Niedersachsen habe bereits viele diesbezügliche Gesetze, Verordnungen und Prozesse identifiziert und werde diese nach und nach angehen.
Der aef-Vorsitzende Sven Guericke betonte, dass die Politik der Wirtschaft und den Bürgern mehr vertrauen solle. Nur dann gelinge es, den Bürokratieabbau erfolgreich voranzutreiben. Die Agar- und Ernährungswirtschaft im Nordwesten sei eine wichtige wirtschaftliche Stütze im Land, die nicht ausgebremst werden dürfe. Gleichzeitig gelte es, die Digitalisierung stärker zu nutzen, um Unternehmen zu entlasten, hieß es aus dem Plenum. Auf diesem Feld hätten die Verwaltungen in Niedersachsen erheblichen Nachholbedarf. Die Landtagsvizepräsidentin Dr. Tanja Meyer betonte in ihrem Grußwort, dass die Genossenschaften ein Garant für eine hochwertige und regional verankerte Agrarwirtschaft seien und ein wichtiger Partner bei der Transformation der Landwirtschaft darstellten.
Bürokratie abbauen und die Agrar- und Ernährungswirtschaft stärken (v.l.): Wirtschaftsminister Olaf Lies, Landtagsvizepräsidentin Dr. Tanja Meyer, aef-Vorsitzender Sven Guericke und Verbandsdirektor Johannes Freundlieb.
Im Überblick: Genossenschaftsverband Weser-Ems
Der Genossenschaftsverband Weser-Ems e.V. (GVWE) betreut mehr als 300 genossenschaftliche Mitgliedsunternehmen in Weser-Ems, die rund 18.000 qualifizierte Mitarbeiter:innen beschäftigen. Als gesetzlicher Prüfungsverband übernimmt der GVWE insbesondere die vorgeschriebenen Prüfungen der Jahresabschlüsse und Lageberichte der Mitgliedsunternehmen. Darüber hinaus bietet der GVWE verschiedene Dienstleistungen im Bereich der Aus- und Weiterbildung und beruflichen Qualifizierung an und berät seine Mitglieder mit dem Ziel, deren wirtschaftlichen Erfolg zu stärken. Zudem vertritt der GVWE die Interessen seiner Mitglieder gegenüber der Politik und Verwaltung sowie in der Öffentlichkeit und in den Medien.
Der GVWE selbst beschäftigt an den Standorten Oldenburg und Rastede rund 200 Mitarbeiter:innen. Der Jahresumsatz beträgt knapp 20 Millionen Euro. Geführt wird der Verband von den Verbandsdirektoren Johannes Freundlieb und Axel Schwengels. Diese bilden den geschäftsführenden Vorstand. Der Verbandsrat, der über alle Angelegenheiten des GVWE berät, wird von Johann Kramer von der Raiffeisen-Volksbank eG, Aurich (RVB) geführt. Er steht auch dem Präsidium vor, das zusammen mit dem Verbandsrat über die wesentlichen Fragen und Weichenstellungen des GVWE berät und zudem den Verbandsvorstand kontrolliert. Das Präsidium hat somit die Funktion eines Aufsichtsrates.
Im Überblick: Agrar- und Ernährungsforum Nord-West e.V.
Das Agrar- und Ernährungsforum Nord-West e.V. (kurz: AEF) ist ein Wirtschaftsverein mit Sitz in Vechta, dem 133 Unternehmen der Agrar –und Ernährungswirtschaft entlang der gesamten Agri- & Food-Wertschöpfungskette aus dem Nordwesten Deutschlands angehören. Insgesamt erreichen die dem AEF angehörigen Mitgliedsunternehmen eine Umsatzsumme von jährlich knapp 30 Mrd. Euro. Das AEF gilt als das politische Sprachrohr der gesamten Branchen-Wertschöpfungskette mit ihren vor- und nachgelagerten Segmenten. Es ist das Ziel, die Weiterentwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe sowie der Unternehmen nachhaltig zu begleiten und die Wettbewerbsstellung derselben zu stärken.