Bartels fordert konkrete, verlässliche und rasche Handlungsgrundlagen für den Umbau der Tierhaltung

Vechta, 20.11.2020 – Bedrohlicher Schweinestau in den Ställen aufgrund mangelnder Kapazitäten in den Schlachthöfen, wegbrechende Exportmärkte aufgrund der Afrikanischen Schweinepest sowie Forderungen zum Umbau der Nutztierhaltung: Das waren die vorrangigen Themen, die am 19.11.2020 im Rahmen der Online-Mitgliederversammlung des Agrar- und Ernährungsforums Oldenburger Münsterland (kurz: AEF) mit etwa 100 Teilnehmern diskutiert wurden. Uwe Bartels, AEF-Vorsitzender, hatte die niedersächsische Ministerin Barbara Otte-Kinast eingeladen, um zu diesen Herausforderungen Stellung zu beziehen.

Große Sorgen machte sich Bartels um die existenzbedrohliche Situation am derzeitigen Schweinemarkt und auf den Höfen. „Die Landwirte benötigen dringend verlässliche und zukunftsfähige Grundlagen für ihr Handeln – dies rasch und konkret, da wertvolle Zeit verstreicht“, appellierte Bartels in Richtung Ministerin. Das betreffe insbesondere auch die längst überfallige Anpassung des Bau- und Immissionsschutzrechts, die das AEF bereits seit Jahren fordere. Auch das fortwährende „Draufsatteln“ bei den Tierwohlkriterien auf Bundesebene prangerte Bartels an. Das AEF, so seine Aussage, stünde grundsätzlich hinter dem Gerüst des Borchert-Planes. Verständigung über Tierwohlkriterien, Klarheit und Verlässlichkeit über die Finanzierung müssten jedoch auf Bundesebene sorgfältig auf ihre Folgen hin geprüft werden. Eine Arbeitsgruppe des AEF unter Leitung von Dr. Ralf Kosch habe dazu ein Positions- und Forderungspapier entwickelt, das er der Ministerin virtuell an die Hand gab. Ein Lob sprach Bartels der Ministerin für das Vorgehen des „Niedersächsischen Weges zur Artenvielfalt“ aus. Hier sei es gelungen, alle Beteiligten zu einem Konsens zu bewegen.

Die Ministerin konstatierte, die Situation auf den Höfen bleibe weiter angespannt. So habe das Land Niedersachsen zwar eine vorübergehende Ausnahmegenehmigung für die Schlachtung und Zerlegung an Sonn- und Feiertagen erwirkt. Dennoch, um den sog. „Schweinestau“ bedürfe es bis Mai 2021 einer temporären Ausweitung der wöchentlichen Arbeitszeiten auf 54 bis 58 Stunden. Otte-Kinast sieht die Schlachtbranche zu Unrecht an den Pranger gestellt. 70-80 % der Leiharbeiter seien bereits fest angestellt. Bis zum Jahresende, so ihre Aussage, soll der Rest der Leiharbeiter in den Betrieben eine feste Anstellung finden. Vertreter des AEF appellierten hinsichtlich des Arbeitsschutzkontrollgesetzes an die Ministerin, ihren Einfluss auf Bundesebene und in den Fraktionen geltend zu machen. Die Branche benötige in Spitzenzeiten zwingend die Flexibilität, um auf Leiharbeitskräfte zurückzugreifen. Ansonsten würde dieses zu einer Schwächung der gesamten Branche in Deutschland führen. Ausländische Ware würde den deutschen Markt überschwemmen und Arbeitsplätze sowie die Wertschöpfung im ländlichen Raum würden dauerhaft wegbrechen.

Dass bereits heute viele Schweinehalter vor dem Aus stehen und dringend finanzielle Unterstützung benötigten, verdeutlichte Dr. Torsten Staack von der ISN. Seit Beginn der Corona-Pandemie habe der deutsche Schweinemarkt insgesamt einen Verlust von 1 bis 1,2 Milliarden Euro hinnehmen müssen. Staack sprach sich für eine unbürokratische Corona Liquidationshilfe – analog zu der bundesweiten Gastronomieförderung – aus.

Was die Beschleunigung von Baugehmigungsverfahren anbelange, so die Ministerin, habe man sich kürzlich in einer konstituierenden Arbeitsgruppe mit Branchenvertretern zusammengefunden, um einen landesweiten „Stallumbau-Erlass“ zu definieren. Dieser solle die Tierschutznutztierhaltungs-verordnung auf Bundesebene auf das Land herunterbrechen und mit Ausführungshinweisen hinterlegen. Auch habe sie sich mit einem Brandbrief an Bundesministerin Otte-Kinast gewandt, um den Förderzeitraum der geplanten 300 Millionen Euro zum Umbau der Tierhaltung auszuweiten. Sie schlägt sich auf die Seite der Tierhalter, die zu Recht verlässliche Rahmenbedingungen seitens der Politik erwarten. Aber sie setzte auch auf den Innovations- und Unternehmergeist der landwirtschaftlichen Betriebe. Das konzertierte Vorgehen bei dem Niedersächsischen Weg könne beispielsweise eine Blaupause für den Umbau der Tierhaltung sein, so ihre Aussage.

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