Vechta, 07.10.2024 – Zum zweiten Mal hat das Agrar- und Ernährungsforum Nord-West e.V. (kurz: AEF) seine 130 Mitgliedsunternehmen nach ihrer Einschätzung und Stimmungslage in der Wertschöpfungskette der Agrar- und Ernährungswirtschaft befragt, 70 Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette nahmen teil. Kooperationspartner dieser Befragung ist der Verbund Transformationsforschung:agrar Niedersachsen. Mit den Ergebnissen wollen beide Partner die Entwicklung der Branche sowie die Bewertungen der Unternehmen in Bezug auf politische und wirtschaftliche Aspekte erfassen und in politische Gespräche einbringen.
Die Resultate untermauern nochmals die Ergebnisse der letztjährigen Umfrage. Fehlende politische Rahmenbedingungen und wirtschaftliche Perspektiven sowie hohe bürokratische Hürden führen zu einem Investitionsstau der Agrar- und Ernährungsunternehmen im Nordwesten Deutschlands Die Arbeit der Bundespolitik schneidet dabei besonders schlecht ab.
Hier gelangen Sie zu den Gesamtergebnissen der Umfrage
Stimmungsbarometer Agrarpolitik
- 78% der befragten Unternehmen bewerten die aktuelle politische Situation für die Entwicklung des A+E-Wirtschaftssektors als schlecht bis sehr schlecht.
- 44 % der Unternehmen bewerten die deutsche EU-Außenhandelspolitik als schlecht bis sehr schlecht.
- Dabei schnitt die derzeitige Regierungskoalition auf Bundesebene besonders negativ ab.
89% der Befragten bewerteten die Arbeit der Regierungskoalition als schlecht bis sehr schlecht. Der Vorjahrestrend setzt sich damit fort: auch in der Befragung in 2023 Jahr hatten die Unternehmen aus dem Nordwesten der Agrarpolitik auf Bundesebene schlechte Noten vergeben. - Der niedersächsischen Landesregierung wurden dabei bessere Noten ausgestellt.
62 % der Befragten beurteilten die Arbeit der Landesregierung zufriedenstellend bis gut. Eine leichte Verbesserung zum Vorjahr. Das AEF führt dieses Ergebnis vornehmlich auf die Anstrengungen des Ministerpräsidenten für eine möglichst wirtschaftsverträgliche Transformation der Agrar- und Ernährungsbranche zurück.
Nachhaltigkeitstransformation & Investitionsbarometer – in den Unternehmen
- Rund 75% der befragten Unternehmen bewerten die allgemeine Entwicklung der Agrar- und Ernährungswirtschaft in Deutschland in den nächsten 12 Monaten als mäßig bis befriedigend, 7 % als gut bis sehr gut, 17 % als schlecht bis sehr schlecht.
- 69 % der befragten Unternehmen bewerten die Geschäftsaussichten für das eigene Unternehmen in den nächsten 12 Monaten als befriedigend bis sehr gut.
- Folgende externe Faktoren hemmen die Investitionsentscheidungen der Branche für den Standort Deutschland am stärksten: fehlende wirtschaftliche Perspektiven, fehlende politische Entscheidungen sowie das bürokratische Umfeld hemmen. Die TOP 5 Faktoren, die die befragten Unternehmen maßgeblich bei Investitionsentscheidungen für das eigene Unternehmen in Betracht ziehen, sind: Politische Regulierungen, Bürokratie, Arbeitskräftemangel, Marktentwicklungen und Energiekosten.
- 69 % der befragten Unternehmen bewerteten die Aktivitäten des Bundes und der Länder zur Umsetzung der Nachhaltigkeitstransformation als Stückwerk. Im Jahr 2023 waren es noch 73 %. Nur 31% können den Bestrebungen zur Ausbalancierung von ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aspekten auf Bundes- und Länderebene auch etwas Positives abgewinnen Eine rein positive Bewertung wurde von keinem der Unternehmen abgegeben.
Nachhaltigkeitstransformation – Rahmenbedingungen auf politischer Ebene
- Als die vier wichtigsten Faktoren, die eine zügige und grundlegende Nachhaltigkeitstransformation befördern würden, wurden genannt: Vereinfachte Genehmigungsverfahren, Abbau von Bürokratie, Einbindung und Beteiligung der Wirtschaft an Regierungsentscheidungen sowie eine Ressort- und Ministeriumsübergreifende Zusammenarbeit.
- Die TOP 5 an externen Faktoren, die die befragten Unternehmen maßgeblich bei Investitionsentscheidungen sind: Politische Regulierungen, Bürokratie, Arbeitskräftemangel, Marktentwicklungen und Energiekosten.
- TOP 5 der unternehmensintern bedeutenden Nachhaltigkeitsthemen für die befragten Unternehmen: Einsatz erneuerbarer Energien, die CO2-Bilanzierung, Effizienzoptimierung in Produktion und Prozessen, Tierwohl und Kreislaufwirtschaft.
- 71% der Unternehmen bewerteten die Aktivitäten des Bundes und der Länder zur „Ernährungssicherung“ als ungenügend.
- Besonders deutlich wurde von den Unternehmern der Bedarf an Fachkräften, deren gezielte Weiterbildung sowie eine stärkere Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland herausgestellt. Hier seien insbesondere ein deutlicher Ausbau der Sprachförderung für ausländische Fachkräfte sowie auch z.B. Kenntnisse im Bereich Change Management und Nachhaltigkeit erforderlich.
AEF zeigt sich besorgt
„Wir sind angesichts dieser Zahlen mehr als besorgt, was die Zukunft und die perspektivische Ausrichtung der Unternehmen innerhalb der Agrar- und Ernährungswirtschaft betrifft. Die Umfrageergebnisse stellen der Bundesregierung in Deutschland erneut vernichtende Noten aus. Die Umfrage hat zudem die Hemmschuhe für eine gelingende Transformation offengelegt. Die Regierungskoalition auf Bundesebene tut nun gut daran, diese Hilferufe aktiv aufzunehmen und nicht im Sande verlaufen zu lassen.“, so Sven Guericke, der Vorstandsvorsitzende des Agrar- und Ernährungsforums Nord-West e.V. mit Sitz in Vechta.
Dr. Barbara Grabkowksy, Leiterin des Verbundes Transformationsforschung:agrar resümierte: „Die Ergebnisse spiegeln auch die im September 2024 von der Europäischen Kommission veröffentlichten Empfehlungen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der EU wieder, die auch für Deutschland von Bedeutung sind. Dabei wird u.a. Bürokratieabbau gefordert. Beispiele dafür sind eine Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen, insbesondere KMUs. Deutschland sollte nationale Regelungen anpassen, um die Belastungen für Unternehmen zu verringern und die Umsetzung der EU-Richtlinien effizienter zu gestalten. Ebenso ist die Gestaltung eines neuen Investitionsklimas wichtig, in dem eine kostengünstigere Energieversorgung sichergestellt wird und Unternehmen entlastet werden, um im globalen Wettbewerb mitzuhalten.“